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2024-05-10 |

Europawahl: Was sagen Parteien zur Agrogentechnik?

Europaflagge, Foto: Greg Montani https://pixabay.com/de/photos/europa-flagge-sterne-fahne-1395913/ Europaflagge, Foto: Greg Montani https://pixabay.com/de/photos/europa-flagge-sterne-fahne-1395913/

Am Sonntag, den 9. Juni, können die Deutschen 96 Abgeordnete für das nächste Europäische Parlament wählen. Dabei entscheiden sie mit darüber, ob mit neuen gentechnischen Verfahren (NGT) hergestellte Pflanzen künftig ohne Risikoprüfung und Kennzeichnung auf den Markt kommen werden. Manche Parteien beziehen in ihren Wahlprogrammen zu NGT-Pflanzen und Gentechnik in der Landwirtschaft ausführlich Position, andere halten sich eher kurz. Wir haben die entsprechenden Passagen zusammengestellt, angefangen mit den NGT-kritischen Positionen.

Umfangreich haben Bündnis90/Die Grünen in ihrem Programm Stellung zur Agro-Gentechnik bezogen. Darin heißt es: „Wir befürworten eine Landwirtschaft, die ressourcenschonend und naturverträglich arbeitet und sich am Leitbild der ökologischen Landwirtschaft mit ihren Prinzipien Tiergerechtigkeit, Gentechnikfreiheit und Freiheit von synthetischen Pestiziden orientiert.“ Neue gentechnische Verfahren in der Landwirtschaft „sollen hinsichtlich ihrer Chancen, Risiken und Folgen erforscht werden“. Betriebe, die gentechnikfrei wirtschaften wollen, sollten dies sicher tun können. Dazu gelte es, „an einem strengen Zulassungsverfahren und am europäisch verankerten Vorsorgeprinzip festzuhalten. Dazu bleiben Risikoprüfungen auf umfassender wissenschaftlicher Basis und eine Regulierung nötig, die unkontrollierbare Verbreitung ausschließen und über eine verbindliche Kennzeichnung die gentechnikfreie Produktion und die Wahlfreiheit der Verbraucher*innen schützen.“ An anderer Stelle heißt es: „Transparenz und Wahlfreiheit müssen besonders bei gentechnisch veränderten Futter- und Lebensmitteln sichergestellt werden.“ Ohne Verweis auf das zugehörige Stichwort Gene Drives steht im Kapitel „Intakte Natur“: „Bei Eingriffen in die Natur müssen nicht verantwortbare Risiken wie die Gefährdung oder gar Ausrottung ganzer Populationen oder Arten durch gentechnische Methoden ausgeschlossen werden.“ Patente auf Pflanzen und Tiere lehnen die Grünen ab.

Knapper äußert sich die SPD in ihrem Programm. Dort steht: „Gentechnik im herkömmlichen Sinne lehnen wir ab. Den Einsatz neuer genomischer Techniken (CRISPR/Cas, Gen- Schere) werden wir ergebnisoffen prüfen.“ Dabei hätten das Vorsorgeprinzip und eine umfassende Risikoprüfung im Einzelfall vor jeder potentiellen Zulassung oberste Priorität. Denn auch bei neuen Gentechniken könne es zu unerwünschten Effekten kommen. Verbraucherinnen und Verbraucher, die keine genveränderten Pflanzen auf ihren Tellern haben wollen, bräuchten Wahlfreiheit. „Im Falle einer Zulassung der neuen Gentechnik sind die Rückverfolgbarkeit und die Kennzeichnung von mit genveränderten Pflanzen hergestellten Produkten daher unverzichtbar“, schreibt die SPD.

Die Linke verweist in ihrem Programm darauf, dass 80 Prozent der Bevölkerung Gentechnik auf dem Teller ablehnen. Die Partei ist gegen den „Anbau von transgenen Pflanzen in der Landwirtschaft, einschließlich sogenannter neuer genomischer Techniken, und Patente auf Saatgut, Pflanzen, Tiere und anderes Leben“. Die „von der EU per Verordnung geplante Aussetzung der generellen Kennzeichnung für den Großteil der gentechnisch veränderten Organismen“ müsse verhindert werden, da Verbraucher:innen ansonsten keine Wahl mehr hätten. „Das Vorsorgeprinzip muss wieder Vorrang vor dem Innovationsprinzip erhalten“, heißt es dazu noch. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) schreibt knapp: „Ablehnung von Agrogentechnik, keine Patente auf Leben, freier Nachbau von Saatgut.“

Die FDP räumt der Gentechnik in ihrem Programm ähnlich viel Platz ein wie die Grünen – mit einem entgegengesetzten Tenor. Dort heißt es: „Wir setzen uns für eine vollständige Neuordnung des europäischen Gentechnikrechts ein. Nicht nur die Bewertung der klassischen Grünen Gentechnik muss an den heutigen Wissensstand angepasst werden, sondern auch sogenannte Neue Züchtungstechniken, wie die Genomeditierung durch Crisp/Cas9, müssen fortschrittsorientiert und rechtlich klar geregelt werden.“ Dabei müsse das Ziel sein, „dass das Produkt und nicht die Methode der Erzeugung bewertet wird“. Besonders die neuen Züchtungstechniken würden „mit hochpräzisen und kostengünstigen biotechnologischen Eingriffen umweltfreundliche Lösungen“ bieten. So könnten widerstandsfähige Pflanzen den Einsatz von Pflanzenschutz und Dünger erheblich verringern. Unter dem Stichwort Technologieoffenheit schreibt die FDP: „Mit Blick auf die Zulassung von neuen Techniken wie der Genschere Crispr/Cas9 setzen wir uns weiterhin dafür ein, das Gentechnikrecht grundsätzlich risikoangepasst und technologieoffen zu überarbeiten und an den Stand der Wissenschaft anzupassen. In-vitro-Fleisch und durch Mikroorganismen produzierte Milch wollen wir in der EU zulassen.“ Im EU-Forschungsprogramm Horizon Europe solle der Bereich Bio- und Gentechnologie ein klarer Schwerpunkt werden.

Im Programm von CDU/CSU kommt das Wort Gentechnik gar nicht vor, stattdessen ist von neuen Züchtungstechnologien die Rede. Diese werden in einem Satz zur „Landwirtschaft als Hightech-Sektor“ erwähnt: „Wir wollen einen starken Impuls für Präzisionslandwirtschaft, neue Züchtungstechnologien, integriertes Schädlingsmanagement und den Einsatz von Robotik in der Landwirtschaft.“

Im Programm der AfD steht im Kapitel Landwirtschaft lediglich: „Der Einsatz von Gentechnik sollte streng überwacht und stets auf seinen tatsächlichen Nutzen überprüft werden.“ In einer Parteienbefragung des Anbauverbandes Biokreis antwortete die AfD hingegen: „Wir begrüßen die weitere Forschung und Entwicklung der neuen Züchtungstechniken in Deutschland“. In dieser Befragung und einer des Verbandes Bioland haben auch weitere Parteien Stellung bezogen. Zudem stellte die CDU/CSU ihre Unterstützung von NGT dort ausführlicher dar als im Wahlprogramm. Der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) hat die Wahlprogramme der Parteien im Hinblick auf den Biolandbau analysiert und festgestellt, dass dieser in den Programmen von CDU, FDP und AfD nicht vorkommt. [lf]

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